Augenlider unter dem Messer

Schönheitsoperationen sind im Trend. Soziale Medien spielen dabei eine grosse Rolle. Sie legen uns nahe, dass Behandlungen im Bereich der ästhetischen Medizin harmlos sind und zu einem guten Lebensstil einfach dazu gehören. Oft geht vergessen, keine Operation ist völlig frei von Risiken. Sowohl während des Eingriffes als auch danach können Komplikationen auftreten.

Patientinnen und Patienten wenden sich an die Patientenstelle AG/SO, wenn sie mit dem Ergebnis einer Schönheitsoperation nicht zufrieden sind oder einen Behandlungsfehler vermuten. So auch Yuna S., 23 Jahre jung, Studentin.

Yuna S. hat eine, für Asiatinnen typische mandelförmige Augenform. Die Augen erschienen ihr verengt und klein. Sie wünschte sich einen wacheren, freundlicheren Gesichtsausdruck. Yuna S. vereinbarte einen Beratungstermin in einer Praxis für ästhetische Chirurgie. Die Chirurgin besprach mit Yuna S. die Behandlung und die Vorteile ihrer Operationstechnik. Yuna S. war beruhigt zu hören, dass Patientinnen nach einer Lidstraffung in der Regel eine kurze Erholungszeit haben. Obwohl Blutergüsse und Schwellungen normalerweise am Tag nach der Operation als Begleiterscheinungen auftreten, werden diese 2-3 Wochen nach dem Eingriff verschwunden sein. Überzeugend waren auch die Vor- und Nachher-Bilder auf der Homepage der Praxis. Yuna S. war mit einer operativen Straffung der oberen Augenlieder, einer sogenannten Blepharoplastik einverstanden.

Das Ergebnis der Operation ist nach den Versprechungen der Chirurgin für Yuna S. erschreckend: Die Augen sind nun asymmetrisch, die natürliche Falte des linken Auges ist verschwunden, die Naht über dem rechten Auge ist stark gerötet und heilt nicht gut und zudem ist die Form des rechten Auges nicht schön. Zwei Wochen nach der Operation beanstandete Yuna S. die misslungene Behandlung bei der Chirurgin. Diese empfahl weitere zwei Monate abzuwarten und bot eine kostenlose Korrektur-Operation an. Der Misserfolg war auch nach zwei Monaten offensichtlich und eine erneute Operation für Yuna S. unumgänglich. Allerdings möchte Yuna S. für den erneuten Eingriff die Dienste eines/einer «zuverlässigeren» Chirurgen/Chirurgin in Anspruch nehmen. Sie kann sich jedoch die hohen Zusatzkosten nicht leisten und beantragte bei der Chirurgin eine Rückerstattung der Behandlungskosten. Diese antwortete nicht auf die Forderung.

Die Patientenstelle AG/SO besprach mit Yuna S. die Möglichkeiten. Ein erster wichtiger Schritt hat Yuna S. bereits selbst gemacht. Sie suchte das offene Gespräch mit der Ärztin und beanstandete das Behandlungsergebnis. Eine Problemlösung, die für beide Parteien stimmt, wurde jedoch noch nicht gefunden.

Yuna S. schuldet der Ärztin nur für nützliche Leistungen ein Honorar. Ob Yuna S. Anspruch auf eine Rückzahlung des Honorars hat, kann von verschiedenen Faktoren abhängig sein. Dazu zählen die Art der Komplikationen, der Vertrag zwischen der Patientin und der Ärztin sowie die geltenden Gesetze.

Als Patientin hat Yuna S. das Recht auf eine sorgfältige Behandlung nach den allgemein anerkannten und gültigen Standards der medizinischen Wissenschaft. Verstösst die Ärztin/der Arzt gegen die ärztlichen Sorgfaltspflichten, liegt ein Behandlungsfehler vor. Zu beachten ist, die Ärztin/der Arzt haftet nicht für Komplikationen bei Risiken, die mit der Behandlung oder der Krankheit verbunden sind. Zudem schulden die Ärztin/der Arzt keinen Behandlungserfolg. Bei einem vermuteten Behandlungsfehler muss die Patientin/der Patient die Sorgfaltspflichtverletzung der Ärztin/des Arztes nachweisen. Dazu sind medizinische Abklärungen und allenfalls ein medizinisches Gutachten notwendig. Die Kosten der Abklärungen muss die Patientin/der Patient zahlen.

Für Yuna S. ist momentan die Korrektur der misslungenen Operation wichtiger als die Abklärung eines vermuteten Behandlungsfehlers. Wie von der Patientenstelle AG/SO empfohlen, wird Yuna S. eine Zweitmeinung bei einer Fachärztin/einem Facharzt für Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie einholen. Der geschützte Facharzttitel garantiert, dass die Ärztin/der Arzt über eine fachspezifische Weiterbildung von mindestens 6 Jahre verfügt.

Die Fachärztin/der Facharzt wird Yuna S. zu den Behandlungsmöglichkeiten beraten. Dazu gehört auch die Information zu den Behandlungskosten und zur Kostenübernahme der Versicherung in ihrem Fall. Die Grundversicherung der Krankenkasse vergütet grundsätzlich keine Schönheitsoperationen. Jedoch übernimmt die Grundversicherung Operationen, die medizinisch notwendig sind. Dies ist in der Regel bei Folgen von Krankheiten oder Unfällen der Fall. Selten werden auch Funktionseinbussen oder Schmerzen anerkannt. Treten nach ästhetisch motivierten Eingriffen Komplikationen mit Krankheitswert ein, sind die notwendigen Behandlungsmassnahmen unter Umständen ebenfalls Pflichtleistungen der Krankenkasse.

Empfehlenswert ist der Ratgeber «Plastische Chirurgie des Vertrauens» der Schweizerischen Gesellschaft für Plastische Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie (www.plasticsurgery.ch). Er bietet erste wertvolle Informationen für Patientinnen und Patienten, die über eine Schönheitsoperation nachdenken.

Im Austausch mit der Patientenstelle AG/SO erkannte Yuna S., was für sie persönlich wichtig ist und wie sie vorgehen kann. Informiert und gestärkt wird sie, gemeinsam mit den medizinischen Fachpersonen, Entscheidungen zur weiteren Behandlung bezüglich der «misslungenen Schönheitsoperation» treffen können.

Die Meinung des Facharztes Dr. med. Benedikt Strub,Facharzt FMH für Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie, Handchirurgie:

"Insbesondere ästhetische Eingriffe im Gesicht bedeuten eine erhebliche Belastung für die Patienten, auch nach kleinen Eingriffen. Es ist entscheidend, dass die Patienten postoperativ wie auch präoperativ gut informiert, aufgeklärt, betreut und vom Operateur begleitet werden. Dies ist, sowohl für das Wohlbefinden des Patienten wie auch für das Erzielen eines guten Resultates essentiell. Sehr häufig sehen wir Patient*innen, welche sich, insbesondere aus Kostengründen, im Ausland haben operieren lassen. Dagegen ist grundsätzlich nichts einzuwenden. Problematisch sehe ich bei diesen Patienten die fehlende postoperative Betreuung bei Komplikationen, Beschwerden oder unbefriedigenden Resultaten. Häufig ist der Chirurg im Ausland nicht mehr kontaktierbar oder verweigert eine weitere Behandlung. Es ist die Pflicht eines jeden ästhetischen Chirurgen, auch postoperativ, für die Patienten zu Verfügung zu stehen und die Verantwortung zu übernehmen. Leider gehört auch die Durchführung von Korrekturoperationen zur teilweise sehr anspruchsvollen Aufgabe eines ästhetischen Chirurgen."

 

Zurück