Gefährliche Spitalinfektionen
Eine Spitalinfektion (nosokomiale Infekte) ist eine Infektion, die während einer Behandlung im Spital, in einer Praxis, in einer Pflegeeinrichtung, in einer Rehabilitations-klinik oder in der Spitex erworben wird. Bei 7 Prozent der Patienten, (ca. 70‘000/Jahr), treten in Schweizer Spitälern postoperativ Infektionen auf. 2000 Fälle enden sogar tödlich. Mit einfachen Massnahmen wären ein Drittel der Todesfälle zu vermeiden. Drei Vorstösse im Nationalrat, koordiniert durch den Dachverband der Patientenstellen, verlangen Verbesserungen dieser unhaltbaren Situation.
Der lange Leidensweg unserer Klientin Frau O.: Sie musste sich vor fünf Jahren nach einem Sturz einer Schulteroperation rechts unterziehen. Eine Sehne war gerissen, eine offene Sehnenrefixation wurde durchgeführt. Nach der Operation äusserste Frau O. stets starke Schmerzen. Da nach einem Jahr Therapie die Schmerzen nach wie vor gross, sowie die Beweglichkeit der Schulter immer noch stark eingeschränkt waren, schlug der Arzt eine weitere Operation vor. Unsere Klientin wollte vorerst eine Zweitmeinung einholen. Dieser Facharzt schlug nach gründlicher Untersuchung vor, keine weitere Operation durchzuführen sondern mit der Schmerz- und Bewegungstherapie fortzufahren.
In der Zwischenzeit hatte die SUVA die Taggeldzahlungen eingestellt. Wegen der langen Arbeitsunfähigkeit wurde ihr die Arbeitsstelle gekündigt. Die Klientin musste einen Anwalt beiziehen, welcher sie bei der IV-Anmeldung unterstützte. Zu den Schmerzen kamen nun noch die finanziellen Sorgen.
Erstmals nach bald vier Jahren vermutete ein Arzt aufgrund eines MRI einen Infekt und überwies Frau O. in ein Kantonsspital. Eine Biopsie bestätigte den Verdacht – in der Schulter hatte sich eine massive Infektion gebildet. Frau O. musste sich über mehrere Monate einer Antibiotikatherapie unterziehen. Sie litt während dieser Zeit unter den Nebenwirkungen der hochdosierten Medikamente. Erfreulicherweise verbesserte sich die Schmerzsituation nach und nach
Frau O. meldet sich nun bei der Patientenstelle. Wie konnte es passieren, dass erst nach einem langen Leidensweg, mit Verlust der Arbeitsstelle und grossen finanziellen Problemen dieser Infekt festgestellt wurde? Welche Möglichkeiten bestehen, die Ärzte, welche operiert haben, zur Verantwortung zu ziehen?
Die Beweislast liegt beim Patienten. Auf Grund der eingeholten Patientenakten kann nichts festgestellt werden, was auf den Ursprung des Infektes hinweist. Frau O. hatte schon bei der ersten Operation, durchgeführt in einer kleinen Klinik, ein ungutes Gefühl. Sie beschreibt die engen, unordentlichen OP-Vorbereitungsräume in der besagten Klinik. Ihre subjektive Wahrnehmung ist, dass dort zu wenig sauber gearbeitet wurde.
Umkehr der Beweislast
Bereits im 2012 wurde eine Motion von NR Edith Graf-Fischer behandelt, welche forderte, dass die Beweislast bei Spitalinfektionen umzukehren sei. Dies ist ein langjähriges Anliegen der Patientenstellen. Das Spital müsste beweisen, dass es alle Massnahmen zur Vermeidung einer Infektion getroffen hat. Leider wurde diese Motion vom Ständerat abgelehnt. Bereits im Nationalrat abgelehnt wurde im Sommer 2015 einen Vorstoss, welcher verlangte, dass eine Spitalinfektion versicherungsrechtlich wie ein Unfall behandelt wird. Dies hätte eine klare Verbesserung für die betroffenen Patienten gebracht.
Die Motion Hardegger forderte ein Hygienegesetz: Für die Spitäler sollen Hygienestandards erstellt und deren Umsetzung kontrolliert werden. Mangelhafte Einhaltung der Vorgaben müssen sanktioniert werden. Spitalinfektionen sollen wie übertragbare Krankheiten meldepflichtig sein und gezielte Massnahmen könnten angeordnet werden.
Obwohl auf Bundesebene Vorstösse erfolgen und der Verein Swissnoso in seiner Medienmitteilung im Juni 2016 einen „Trend zu sinkenden Wundinfektionsraten nach Operationen“ feststellt, kann nicht eigentlich von einer Verbesserung für die Patienten gesprochen werden.
Leider zeigt unser Praxisalltag auf der Patientenstelle, dass die bis heute unternommenen Bestrebungen nicht genügen. Wir erleben immer wieder, dass eine Spitalinfektion welche den Klienten wiederfahren ist, unermessliches Leid verursachen kann. Nebst einem bleibenden gesundheitlichen Schaden können grosse finanzielle Belastungen auf die Betroffenen hinzukommen. Nicht selten muss die Sozialhilfe in Anspruch genommen werden.Wir bleiben beim Thema nosokomiale Infekte weiter am Ball, dies zum Wohle der betroffenen Patienten.
Susanna Mattenberger, Beraterin